Wer diese Kreuzfahrt erlebt hat, wird sich vor allem an eines erinnern: An eine ganz spannende Reise auf dem Fluss von der Spree an die Förde, gespickt mit vielen zum Teil auch unerwarteten Höhepunkten. Wer kann schon sagen, dass er mit einem Flusskreuzfahrtschiff im Schiffshebewerk Scharnebeck einen Höhenunterschied von 38 Metern überwunden hat, um auf die Elbe zu kommen? Aber auch das Einlaufen nach Hamburg vorbei an der Elbphilharmonie mit einem Flusskreuzfahrtschiff ist ein besonderes Erlebnis, und die Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal durchaus imposant, vor allem wenn der eine oder andere „dicke Pott“ die kleine MS Thurgau Chopin passiert. Und wenn ich schreibe, dass die Thurgau Chopin klein ist, dann meine ich das auch so. Das Flusskreuzfahrtschiff hat gerade mal eine Länge von 83 Metern und bietet Platz für 80 Passagiere.
Gemütliches Ambiente statt modernes Interieur
Ich muss ganz ehrlich sagen: Als ich das Schiff zum ersten Mal in Berlin-Spandau gesehen habe, habe ich mich nicht gerade schockverliebt. Optisch ist die MS Thurgau Chopin sicherlich nicht das, was man in die Kategorie Supermodel einstufen würde, aber ich komme mit der guten Nachricht direkt hinterher. Das kleine Schiff mit dem Baujahr 2002 hat relativ schnell seine Stärken gezeigt. Nämlich Gemütlichkeit – und wenn man möchte – die Möglichkeit, sehr unkompliziert andere Mitreisende kennen zu lernen.
Hilfsbereite und sehr freundliche Crew
Die Crew ist relativ klein, und da wir die Tour zur Saisoneröffnung gemacht haben, musste sich der Ablauf an Bord auch noch ein wenig einspielen. Das galt insbesondere für die Bereiche des Restaurants und der Lounge. Anfangs hat der Gast über einige Dinge hinwegsehen und zum Beispiel lange Wartezeiten im Restaurant hinnehmen müssen, weshalb wir uns mittags auch für den „Light Lunch“ in der Lounge entschieden haben, der wirklich gut war. Im Laufe der Reise spielte sich die Crew immer mehr ein, und eines muss auf jeden Fall betont werden: Alle Crewmitglieder waren supernett, zu jeder Zeit hilfsbereit und einfach toll.
Ein Blick in meine Kabine 116 auf der Frederic Chopin
Das Wohnzimmer des Flusskreuzfahrtschiffes
In der Lounge wird der Charakter der Deilmann-Schiffe sehr deutlich, denn dort liegt der Fokus ganz klar auf gediegener Gemütlichkeit, und die findet der Gast auch. Schwere und viele Möbel lassen die Fläche ein wenig beengt erscheinen, aber wie uns gesagt wurde, soll das Schiff einen etwas moderneren Touch bekommen. Die Bestellung für neue Möbel ist raus, und mit den ersten Renovierungen ist auch schon begonnen worden, was dem Schiff wirklich guttut.
Eine Route voller Überraschungen
Unsere Kreuzfahrt führt von Berlin aus nach Potsdam, weiter nach Burg, Wolfsburg, Uelzen, Scharnebeck, Lauenburg bis nach Hamburg und dann über Rendsburg bis nach Kiel. Das hört sich auf den ersten Blick vielleicht nicht so spektakulär an, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Reise war gespickt mit vielen Besonderheiten. Und da ich Überraschungen liebe, kam ich unterwegs mit der Thurgau Chopin durchaus auf meine Kosten.
Einmal „um die Ecke“ bis nach Potsdam
Fangen wir mit der Tour an sich an. Nachdem alle Gäste an Bord gekommen sind, ging es um 19 Uhr los. Die erste Etappe dauerte nur zwei Stunden, denn Potsdam liegt schließlich um die Ecke. Es war ein entspanntes Ankommen. Nach dem ersten Frühstück haben wir uns noch mal für einen Cappuccino in die Lounge gesetzt, um anschließend den über Thurgau Travel gebuchten Ausflug nach Potsdam zu starten. Bei den Ausflügen hatten die Gäste zwei verschiedene Möglichkeiten. Zum einen, das Schloss Sanssouci zu besuchen, zum anderen einen Rundgang durch Potsdams barocke Innenstadt zu unternehmen. Wir haben uns für das beeindruckende Schloss Sanssouci entschieden und es nicht bereut.
Sehenswertes Sanssouci
Dieses Schloss ist sicherlich das Prunkstück der Stadt, und wer es vielleicht vorher nur mal im Fernsehen gesehen hat, ist überrascht, wie groß die komplette Anlage tatsächlich ist. Mehrere Schlösser, Tempel, Gärten und Fontänen sind auf jeden Fall einen Besuch wert. Bei Thurgau Travel ist es so, dass man im Vorfeld bereits ein Ausflugspaket buchen kann. Wer das vor der Reise nicht gemacht hat, kann sich auch an Bord noch für Ausflüge anmelden. 43 Euro kostet unsere Exkursion nach Sanssouci, was ich in Ordnung finde. Für den Rundgang durch Potsdam wurden für zweieinhalb Stunden 19 Euro berechnet. Das ist auch ein fairer Preis.
Durch den „Obstgarten“ Berlins
Weiter geht es für die Thurgau Chopin durch das Havelland mit seinen vielen Seen. Diese Region ist auch unter dem Namen „Obstgarten“ Berlins bekannt. Nach der Überquerung des Plauer Sees geht es auf dem Elbe-Havel-Kanal weiter. Nächstes Ziel ist Burg, dass wir am Abend erreichen sollen. Auf dem Fluss ist es teilweise so, dass man die Liegeplätze in der Regel nicht vorher bucht, und so hat die Thurgau Chopin dieses Mal Pech, denn der vorgesehene Liegeplatz in Burg in der Nähe der Stadtmitte ist schon belegt. Für uns geht es also ein paar Kilometer weiter. Generell kein Problem. Aber die Gäste, die morgens entspannt ein bisschen durch Burg laufen wollen, während die anderen einen Ausflug nach Magdeburg gebucht hatten, haben in diesem Fall Pech. Dennoch geht es für uns zumindest für ein Stündchen von Bord, um ein paar schöne Fotos unseres Schiffes zu machen.
Kapitän Frank Baehring macht sich schließlich mit uns auf in Richtung Wolfsburg, wo wir abends ankommen. Wir staunen nicht schlecht, denn wir landen für diese Nacht mitten in der Autostadt Wolfsburg. Einige Passagiere nutzen die Gelegenheit und schauen sich bei einem abendlichen Spaziergang noch ein bisschen genauer um. Wir genießen einfach den Abend an Bord.
Mit der Thurgau Chopin über das Wasserstraßenkreuz Magdeburg
Früh morgens geht es schon weiter zum nächsten Stopp Uelzen in der Nähe von Lüneburg. Wir müssen am Wasserstraßenkreuz Magdeburg durch die beeindruckende Schleuse Sülfeld, um auf den Elbe-Seitenkanal zu kommen, der übrigens „Heide-Suez“ genannt wird, weil er schnurgerade durch die Lüneburger Heide verläuft.
Wunderschönes Lüneburg mit beeindruckender Architektur
Von Uelzen aus unternehmen wir einen Ausflug nach Lüneburg. Die Salz- und Hansestadt gefällt uns sehr gut, mit einer Fremdenführerin geht es in die Stadt. Irgendwann setzen wir uns ab, weil wir lieber allein durch die Straßen laufen. Wir entdecken die Innenstadt mit der auffälligen Architektur aus Spätgotik und Renaissance auf eigene Faust. Lüneburg hat echten Charme, so dass wir uns am Marktplatz ein Café suchen und zum einen herzliche Gastfreundschaft und zum anderen einen richtig guten Cappuccino plus Spaghetti-Eis genießen.
Ab in die „Badewanne“ – und 38 Meter in die Tiefe
Der Tag ist mit weiteren Highlights gespickt, eigentlich folgt direkt nach der Rückkehr zum Schiff tatsächlich auch einer der Höhepunkte der gesamten Reise: das Schiffshebewerk Scharnebeck, das größte in Deutschland. Die Spannung an Bord steigt, alle suchen sich den besten Platz und halten ihre Kameras bereit, während die MS Thurgau Chopin langsam in die Schleuse hineinfährt. Quasi in eine Art Badewanne. Das komplette Becken samt Schiff wird 38 Meter bis auf die Elbe heruntergelassen. Auch für Kapitän Frank Baehring und den 2. Kapitän Jaroslav Weinstein ist es immer noch eine spannende Sache, auch wenn sie die Passage schon sehr oft gefahren sind. Die „Wanne“, in der Chopin liegt, befördert ein Gewicht von 5800 Tonnen nach unten.
An diesem Tag erreicht die Thurgau Chopin noch Lauenburg. Dann wird es wieder richtig spannend, denn auf der Elbe geht es weiter Richtung Hamburg. Hamburg als Kreuzfahrthafen kennen wir schon, weil wir mehrere Male bereits dort gestartet oder eben auch am Ende einer Hochseetour dort angekommen sind. Aber: Wir sind immer vom offenen Meer die Elbe hochgefahren und nie von der anderen Seite reingekommen. Das ist jetzt komplett anders, denn zudem sind wir mit einem Flussschiff und nicht mit einem Hochseeschiff unterwegs. Es geht vorbei an der Elbphilharmonie und der Großbaustelle für das neue Kreuzfahrtterminal, den Landungsbrücken und dem berühmten „Michel“, ehe wir Richtung Kreuzfahrtterminal Steinwerder fahren, um dort festzumachen. Hamburg, meine Perle! Mit dir wird es niemals langweilig.
Ein Fischbrötchen ist Pflicht
Über Thurgau Travel hatten wir eine Stadt- und Hafenrundfahrt gebucht. Auch wenn man schon mehrere Male in Hamburg gewesen ist, es ist immer ein Erlebnis. Was auch ein Muss ist, ist das Fischbrötchen an den Landungsbrücken. Abends geht es auf eigene Faust los. Zwar ist auch ein Ausflug ins nächtliche Hamburg angeboten worden, aber der schien uns mit 54 Euro doch ein wenig teuer.
Der nächste Morgen: Ich hatte mir den Wecker im Zehnminutentakt gestellt, um das Auslaufen nicht zu verpassen. Ich wusste, dass AIDAdiva hinter der Chopin angelegt hatte und wollte den Moment, wenn wir das 252 Meter lange Kreuzfahrtschiff passieren, nicht verpassen. Aber es kam, wie es kommen musste. Ich muss wohl wieder eingenickt sein, denn als ich erschrocken die Augen aufmache, bemerke ich sofort, dass wir abgelegt haben. Ich springe zum Fenster und kann die Diva zumindest noch beim Blick zurück entdecken. Und ein zwei Fotos sind auch noch drin, aber mehr auch nicht.
Durch den Nord-Ostseekanal bis nach Kiel
Dann verlassen wir Hamburg, für mich wie immer mit einer ordentlichen Portion Wehmut verbunden. Auf der Elbe geht es bis zum Nord-Ostseekanal (NOK) und dann immer geradeaus. Diese Passage ist eine besondere, denn die Thurgau Chopin gehört durchaus zu den kleineren Schiffen, die Richtung Kieler Förde unterwegs sind. Im rund 100 Kilometer langen Kanal sind richtig „dicke Pötte“ zu sehen. Das Wetter passt, und so haben es sich die Passagiere auf dem Sonnendeck bequem gemacht, um das Geschehen im NOK zu beobachten. Nach einem letzten Stopp in Rendsburg erreicht das Flusskreuzfahrtschiff schließlich Kiel, das Ziel unserer Flusskreuzfahrt. Aber noch geht es nicht von Bord, die Ausschiffung findet erst tags drauf statt.
Das Ostseebad Laboe als krönender Abschluss des Sightseeing-Programms
Die Thurgau Chopin liegt in der Landeshauptstadt am Sartorikai in der Nähe des Kreuzfahrtterminals und des Hauptbahnhofs. Ein letztes Mal Sightseeing steht auf dem Programm. Bei einer ausgiebigen Stadtrundfahrt lernen wir Kiel kennen, besuchen das U-Boot-Ehrenmal in Möltenort sowie das schöne Ostseebad Laboe. Hier kam durch die Ostsee auch noch mal richtiges Urlaubsfeeling auf. Viele Menschen genießen das gute Wetter und haben es sich in den Cafés bequem gemacht. Was für ein schöner Abschluss.
Würde ich nochmal mit der MS Thurgau Chopin auf Reisen gehen?
Es war eine spannende Woche an Bord der Thurgau Chopin. Das Essen war gut, was ich generell aber besser finde, sind offene Tischzeiten und freie Platzwahl. Das haben mittlerweile einige Anbieter auf dem Fluss eingeführt, was es für den Gast einfach entspannter macht. Auf der Thurgau Chopin muss man zu einer bestimmten Zeit beim Dinner sein und hat im Restaurant seinen festen Tisch. Mittags finde ich die Alternative „Light Lunch“ sehr gut. Das findet auf der Thurgau Chopin in der Lounge statt, ganz locker und ungezwungen – und richtig lecker. Man kann mittags aber auch im Restaurant essen und mehrere Gänge genießen. Jeder, wie er mag.
Hinsichtlich der Getränke würde ich auf jeden Fall das Getränkepaket empfehlen. Der Preis lag pro Person bei einer Woche bei 190 Euro. Da die Einzelpreise der Getränke recht hoch sind und zum Beispiel für eine Cola 4,50 Euro berechnet wird, lohnt sich das.
An Bord gibt es in der Nähe der Rezeption einen Wasserspender, den die Gäste rund um die Uhr nutzen können. Alle bekommen eine wieder verwendbare Trinkflasche, die sich auch gut zum Mitnehmen auf die Ausflüge eignet.
Unterhaltung an Bord: Bitte mehr als nur einen Bordmusiker!
Bordunterhaltung, das ist ein Punkt, an dem die meisten Veranstalter von Flusskreuzfahrten noch arbeiten müssen. Meiner Meinung nach reicht es nicht, wenn es bei einer Reise nur einen einzigen Bordmusiker gibt, der irgendwann sein Repertoire durchgesungen hat und sich alles wiederholt. Das war auch auf der Reise mit der Thurgau Chopin so und hat die Gäste nicht glücklich gemacht.
Auf dem Schiff gab es dagegen einen guten Informationsfluss, denn Kreuzfahrtleiterin Doris informierte die Passagiere täglich und war zudem immer Ansprechpartner. Man konnte jederzeit mit Fragen zu ihr kommen, das galt aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rezeption.
Würde ich nochmal mit der Thurgau Chopin verreisen? Ja, das würde ich, aber die Route muss stimmen.
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